
Von der Raumausstatterin über die Promotion zur Buchautorin – der Berufsweg von Dr. Anette Huesmann ist von diversen Umwegen und Neuanfängen gekennzeichnet. Nach einer Lehre zur Raumausstatterin holte sie ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach, studierte Germanistik und promovierte in Linguistik.Direkt nach dem Studium begann sie ein Volontariat und gleichzeitig die Arbeit an ihrem ersten Krimi. Heute macht sie Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen, hat 2012 ihren Krimi „Die Glut des Bösen“ beim Aufbau Verlag herausgebracht, das Kinderbuch „Lizzy die Waldfee“ im Selbstverlag veröffentlicht und gibt Schreibkurse.
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Birte Vogel (bv): Frau Dr. Huesmann, Sie haben ursprünglich den Beruf der Raumausstatterin erlernt und nach der Lehre drei Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Warum dann der Wechsel in die Germanistik?
Anette Huesmann (AHu): Das sieht auf den ersten Blick nach Umweg aus, ich weiß (lacht). Was mich mein Leben lang begleitet hat, ist die Freude am kreativen Arbeiten, an der Sprache und an Büchern. Aber in der Schule hatte ich immer Stress mit den Lehrern, weil es mir schwer fiel, mehrere Stunden am Stück ruhig dazusitzen. Da schien mir eine Handwerkslehre ideal zu sein, weil ich kreativ sein durfte und nicht ruhig dasitzen musste. Aber die Arbeit als Gesellin hat mich nicht ausgefüllt. Ich brauchte mehr, um geistig kreativ sein zu können.
bv: Der Sprung von der Gesellin zur promovierten Germanistin ist allerdings ein sehr großer.
AHu: Ich wollte Germanistik studieren, weil ich so gerne gelesen habe, gerade auch die alten Klassiker, Goethe, Schiller und so weiter. Ich wollte das gerne vertiefen. Aber während der Lehre erschien mir ein Studium so weit weg wie die Sterne. Doch als Gesellin wurde mir klar, ich würde in dem Beruf furchtbar unglücklich werden. Und ich wollte mich dem nähern, was mich so ausfüllt. Bücher fand ich schon als kleines Kind toll und ich habe früh angefangen selber zu schreiben. Aber ich habe eine Weile gebraucht, bis ich den Mut hatte, um nochmal ganz neu anzufangen und das Abitur nachzuholen.
bv: Wie schwer war es, als Erwachsene das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachzuholen?
AHu: Das war wirklich schwer. Ich habe die Arbeit aufgegeben und Schüler-BAFöG beantragt. Und ich durfte nochmal bei meinen Eltern unterkriechen, sonst hätte ich das nicht finanzieren können.
bv: Haben Ihre Eltern Ihre Entscheidung, noch einmal neu anzufangen, gutgeheißen?
AHu: Solche Bildungsabschlüsse hatten sie selber nicht und waren erst überrascht, dass ich das machen wollte. Typisch Kriegsgeneration: Für sie war es wichtig, dass man sich selbst finanzieren kann. Ich hatte ja schon einen ordentlichen Beruf. Und dann wollte ich Germanistik studieren, in ihren Augen eine brotlose Kunst. Das war ihnen erst einmal suspekt. Sie haben es nicht torpediert, ganz im Gegenteil, aber sie haben eine Weile gebraucht, um das zu schätzen. Am Anfang war es auch für mich schwierig, denn wir mussten erstmal wieder unter einem Dach zu leben lernen. Aber meine Eltern haben mich als erwachsene Tochter gesehen, das hat geholfen.
Ich hatte keinen klaren Berufswunsch
bv: War der Lehrberuf keine Option für Sie?
AHu: Ich wollte Germanistik studieren, das war mein Herzenswunsch. Aber ich hatte damit gar keinen klaren Berufswunsch. Die Ideen kamen mir im Laufe des Studiums; welchen Beruf ich ausüben möchte, kristallisierte sich erst allmählich heraus.
bv: Sie haben anschließend sogar in Linguistik promoviert – warum diese Promotion?
AHu: Das Studium hat mich total gefesselt, vor allem die Linguistik, die Beschäftigung mit Sprache, mit dem, was man mit Sprache machen kann, wie man sich ausdrücken kann, was Sprache für den Menschen bedeutet. Deutsch hatte ich schon in der Schule toll gefunden, und das Studium hat dann all das erfüllt, von dem ich als Handwerkerin immer geträumt hatte. In der Doktorarbeit habe ich mich dann mit den Dialekten des Deutschen beschäftigt. Meine Eltern kommen aus Norddeutschland und sprachen miteinander Plattdeutsch. Ich bin in Süddeutschland aufgewachsen, und sie haben mit uns Hochdeutsch gesprochen, damit wir nicht durcheinander kommen. Wir Kinder haben also zu Hause Hochdeutsch gesprochen und auf der Straße Schwäbisch, während meine Eltern miteinander Platt gesprochen haben. Ich glaube, das hat dazu beigetragen, dass ich mich nicht nur für die Sprache, sondern auch die Dialekte interessiert habe. Mich faszinierte die Frage, wie die Dialekte zum Hochdeutschen stehen. Welche Werte die Sprecher mit Dialekt und mit Hochdeutsch im Denken und im Handeln verbinden.
bv: Sie sagten eben, dass es schwierig war, nach der Zeit als Gesellin wieder zur Schule zu gehen. Sie haben nach Ihrer Promotion aber erneut von vorne angefangen, als Sie ein Volontariat beim Fachschriftenverlag gemacht haben. Wie schwierig war es jetzt, nach abgeschlossener Doktorarbeit wieder in den Status einer Auszubildenden zurückzukehren?
AHu: Das war nicht schwer, denn ich lerne gerne. Das ist ein Pluspunkt, der mich bis heute begleitet. Wenn ich lernen kann, freue ich mich, sauge alles auf wie ein Schwamm. Gerade der Journalismus war eine spannende Herausforderung für mich. Und das Volontariat war ein ganz bewusster Abschied von der Universität. Ich gehe zwar bis heute sehr gerne analytisch an Sachen ran, aber ich wollte einen Beruf wählen, in dem ich selber viel schreiben kann.
bv: Warum gingen Sie dafür zum Fachschriftenverlag? Der liegt ja mit seinen Publikationen rund um Bauthemen inhaltlich weit von der Germanistik entfernt.
AHu: Das war eine ganz pragmatische Entscheidung. Für eine Berufseinsteigerin war ich schon relativ alt, und es war gar nicht einfach, ein Volontariat zu finden. Deshalb habe ich mich bewusst dort beworben, weil ich durch meine Arbeit als Raumausstatterin ja Erfahrung auf dem Bau hatte. So konnte ich das Fachwissen von damals mit den Fähigkeiten, die mir das Studium gebracht hatte, zusammenbringen.
Ich habe ein Büro gemietet und fing einfach an
bv: Sie sind danach noch ein Jahr dort geblieben und anschließend für zwei Jahre zum Kress-Report gegangen. Nach nur drei Jahren Festanstellung sind Sie schon Freiberuflerin geworden. Warum?
AHu: Das war eine Mischung aus Zwang und Entscheidung. Ich habe in einem Tochterverlag von Kress ein neues Fachmagazin als verantwortliche Redakteurin geleitet. Aber nach dem 11. September 2001 gab es einen wirtschaftlichen Einbruch in der Branche. Kress musste den Tochterverlag schließen, und ich hatte innerhalb von drei Tagen keine Arbeit mehr. Ich bekam zwar für ein paar Monate mein Gehalt weiter, aber ich musste mich neu orientieren. In der Zeit war eine Festanstellung schwer zu kriegen, das war klar. Ich wollte nicht arbeitslos sein, hatte allerdings eine Freiberuflichkeit vorher nie ernsthaft erwogen. Aber nach drei oder vier Tagen hatte ich mich entschieden. Ich habe ein Büro angemietet, meinen alten Computer von zu Hause und ein Telefon reingestellt, und fing einfach an.
bv: Wie haben Sie dann Ihre ersten KundInnen gefunden?
AHu: Ich habe all die Leute kontaktiert, die ich noch von vorher kannte. Die ersten Artikel habe ich an den Fachschriftenverlag verkauft, und so hab ich in die Selbstständigkeit reingefunden. Danach habe ich Kaltakquise gemacht. Ich bin darin gar nicht gut, wie die meisten. Aber wenn ich etwas möchte, kann ich sehr hartnäckig sein, und das hat mich gerettet. Ich lasse mich nicht entmutigen.
bv: Sie haben sich dann auf Gesundheitstexte spezialisiert – wieder ein neuer Weg.
AHu: Ich hatte erst überlegt, im Baubereich zu bleiben, aber Gesundheit hat mich mehr interessiert. Und ich glaube, man ist besser in Dingen, die man gerne macht. Also habe ich mich darauf spezialisiert. Und dann hatte ich das Glück, für eine Fachpublikation die Redaktion übernehmen zu können. Das habe ich zehn Jahre lang gemacht, und zusätzlich andere Artikel verkauft. Aber die Honorare sind immer weiter gesunken. Deshalb habe ich eines Tages beschlossen, dass das zu wenig Geld ist. Und bin dann in die Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen eingestiegen, habe Pressemeldungen geschrieben, Internetseiten, Broschüren, Flyer und so weiter.
bv: Wie haben Sie in diesem Bereich dann KundInnen akquiriert?
AHu: Da musste ich gar keine Akquise betreiben. Ich bekam immer wieder Anfragen von Agenturen und Unternehmen, die ganz bewusst eine Journalistin suchten. Mein Spezialgebiet ist, gründlich zu recherchieren und über schwierige Dinge verständlich und zielgruppengerecht zu schreiben. Aber ich bin keine Werbefachfrau. Ich frage mich allerdings immer wieder, wie ich mich jetzt nennen soll, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Texterin will ich mich eigentlich nicht nennen, denn ich bin ja eher Journalistin und meine Herangehensweise ist geprägt vom Journalismus. Aber jetzt texte ich für Unternehmen. Schwierige Frage.
Der Verlag hat nach zwei Tagen zugesagt
bv: Sie sind aber auch Autorin des Zukunftsinstitutes, das sich der europäischen Trend- und Zukunftsforschung widmet, richtig?
AHu: Das ist schon eine ganze Weile her. Ehemalige Kolleginnen und Kollegen arbeiteten dort und fragten mich, ob ich zum Thema Gesundheit an einer Studie mitschreiben würde. Es ging da um Zukunftsperspektiven, wie sich die Gesundheitsbranche entwickeln wird.
bv: Sie haben außerdem für Medien wie “Focus Online”, „Lisa“, „Frankfurter Rundschau“ und „Schwimmbad & Sauna“ geschrieben. Was hat Sie an dieser Vielfalt und dem unterschiedlichen Niveau gereizt?
AHu: Für mich ist das, was ich weiß, unabhängig von den Publikationen. Ich recherchiere zum Thema und wähle die Inhalte passend zu dem Produkt aus. Für mich ändert sich dadurch nichts an den Inhalten – die bleiben ja immer gleich. Aber ich wähle für jedes Produkt einen Teilaspekt aus, der für diese Publikation wichtig ist. Ich finde es spannend, mich in Sprache, Sprachstil, Informationstiefe und Informationsgehalt auf die Zielgruppe einzustellen.
bv: Wie kam es dann zu Ihrem Krimi “Die Glut des Bösen”?
AHu: Ich habe in all den Jahren immer nebenbei Bücher geschrieben, vor allem Krimis, als Hobby. Es war dann ein toller Erfolg, den ersten Krimi beim Aufbau Verlag unterzubringen.
bv: Wie kam das zustande?
AHu: Ich hatte zuerst einen Agenten mit einem Exposé und einer Leseprobe kontaktiert. Er hat das vollständige Buchmanuskript noch am selben Tag angefordert, es am nächsten Tag dem Aufbau Verlag angeboten, und die haben nach zwei Tagen zugesagt. Das Buch haben sie dann so genommen, wie es war, ich musste nichts mehr korrigieren. Und ein Jahr später, im Juni 2012, war’s veröffentlicht. Ich war total geplättet, dass ich mein Buch so schnell unterbringen konnte.
bv: Es heißt ja oft, dass es schwerer ist, ein Exposé zu schreiben, als ein ganzes Buch. Geht Ihnen das auch so?
AHu: Das Exposé ist für mich nach wie vor das Schwierigste. Ich kämpfe bis heute damit, den Inhalt meiner eigenen Bücher auf drei Seiten runterzustampfen.
Vom freien Journalismus konnte ich nicht mehr leben
bv: Aber offensichtlich haben Sie irgendetwas richtig gemacht, wenn sie so sensationell schnell bei einem Verlag landen.
AHu: Ich habe damals auch viel Zeit reingehängt, mich über Wochen immer wieder damit beschäftigt. Vorher hatte ich die Hinweise im Handbuch von Sandra Uschtrin gelesen, im Internet recherchiert, Beispiele gelesen, und mich dann bemüht, den Text auf diese Weise zu schreiben. Heute weiß ich, wie ein gutes Exposé aussehen soll, aber es war fast schwieriger, als das Buch zu schreiben.
bv: Sie haben bislang zwei Bücher veröffentlicht: “Die Glut des Bösen”, einen Krimi rund um ein verschollenes Manuskript der Hildegard von Bingen, und das selbstverlegte Kinderbuch “Lizzy die Waldfee”. Wie viel Zeit hatten und haben Sie neben der journalistischen, der Öffentlichkeitsarbeit und Ihren Schreibkursen für das Bücherschreiben?
AHu: Mein Brotjob ist die Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen. Den freien Journalismus habe ich aufgegeben, weil ich davon nicht mehr leben konnte. Außerdem wollte ich Zeit für meine Schreibkurse haben. Das Bücherschreiben geht nur am Wochenende und in der Freizeit, denn damit kann man nur sehr wenig Geld verdienen. Ich habe zwar für mein Buch ein Garantiehonorar bekommen, aber damit kann man sich nicht finanzieren. Ich finde das total schade, denn ich würde sehr gerne mehr Zeit aufs Bücherschreiben verwenden.
bv: Sie sagten, Sie haben im Studium schon angefangen zu schreiben.
AHu: Da habe ich einen anderen Krimi geschrieben und daraus viel gelernt. Aber der war nicht gut genug für eine Veröffentlichung. Also habe ich mir ein neues Thema gesucht. Während meiner Arbeit als Journalistin habe ich auch zur Naturheilkunde recherchiert und bin auf Hildegard von Bingen gestoßen. In dem Artikel einer Kollegin las ich, dass ihre Handschrift zur Naturheilkunde verschollen ist. Da sind meine Sensoren für Krimithemen aktiviert worden, da es Zweifel gab, ob und wie viel aus den überlieferten Abschriften dieser Handschrift tatsächlich auf Hildegard von Bingen zurückzuführen sind. Heute gibt es Lateiner, die sagen, die Abschriften zeigten so deutlich das außergewöhnliche Latein von Hildegard von Bingen, dass man ihre Echtheit nicht anzweifeln kann. Ich fand, dass das ein wunderbarer Krimistoff ist. In meinem Buch taucht das Original im 21. Jahrhundert unvermittelt wieder auf und löst durch brisante Inhalte eine Welle von Tod und Verbrechen aus.
bv: Was war für Sie das Spannende an der Handschrift?
AHu: Ich wollte wissen, was Hildegard von Bingen genau geschrieben hat und habe mir eine deutsche Übersetzung besorgt. Und da habe ich zu meiner Überraschung festgestellt, dass die Benediktinerin sich auch sehr detailliert mit der Sexualität des Menschen beschäftigt hat. Genau diese Passagen haben aber dazu geführt, dass viele Menschen bezweifelt haben, dass eine Ordensfrau so etwas schreiben könnte. Doch Hildegard von Bingen hatte einfach keine Berührungsängste, ganz im Gegenteil zur katholischen Kirche heute. Sie hat sich sehr pragmatisch und naturwissenschaftlich analytisch mit der menschlichen Sexualität auseinandergesetzt. Unter anderem damit, was passiert, wenn ein Mensch diese Sexualität nicht leben kann. Von dieser pragmatischen Herangehensweise könnte die katholische Kirche auch heute noch viel lernen, wenn sie sich mit schwierigen Themen wie dem Zölibat auseinandersetzt.
Krimis sind nicht mein ausschließliches Interesse
bv: Sie sind Mitglied der Mörderischen Schwestern. Wird man das automatisch, wenn man einen Krimi veröffentlicht hat?
AHu: Nein, im Gegensatz zu vielen anderen Gruppen, die erst jemanden aufnehmen, wenn man in einem Publikumsverlag veröffentlicht hat, nehmen die Mörderischen Schwestern alle Frauen auf, die Mitglied werden möchten. Ich hatte noch keine Veröffentlichung, als ich mich bewarb.
bv: Weshalb wollten Sie dort beitreten?
AHu: Es ist sehr wertvoll, sich mit anderen austauschen zu können, die mit Leidenschaft Krimis schreiben. Die Mörderischen Schwestern waren für mich eine wundervolle Unterstützung beim Schreiben, bei den ersten Schritten zum Buch.
bv: Wenn Sie so gut mit dem Krimi angekommen sind, warum haben Sie im Anschluss ein Kinderbuch herausgebracht?
AHu: Weil ich auch eine kindliche Ader habe und Freude an Geschichten für Kinder. Dieses Manuskript war schon ein paar Jahre alt. Ich hatte es mehreren Verlagen angeboten, aber aus unterschiedlichen Gründen Absagen bekommen. Es lag dann erstmal in der Schublade. Als mein Krimi rauskam, dachte ich, es wäre schön, das fertige Kinderbuch auch veröffentlichen zu können und hab’s dann selber rausgegeben. Krimis schreibe ich sehr gerne, lese sie gerne, aber die sind nicht mein ausschließliches Interesse. Auch Kinder- und Jugendbücher finde ich toll.
bv: Helfen Ihnen die beiden Veröffentlichungen bei der Akquise?
AHu: Nein, die läuft vollkommen unabhängig davon. Allerdings bekam ich schon von Kunden positive Rückmeldungen.
bv: Heute machen Sie weiter Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen, schreiben Bücher und geben außerdem Schreibkurse. An der Uni Mannheim unterrichten Sie auch zum Thema Medienpraxis.
AHu: Das findet am Zentrum für Schlüsselqualifikationen der Uni Mannheim statt. Im kommenden Semester biete ich dort ein Seminar zum Kreativen Schreiben an, in dem ich zeige, wie man Romane schreibt.
Meine Kunden finden mich über meine Websites
bv: Müssen Sie denn heute überhaupt noch für irgendetwas akquirieren oder läuft der Laden von selbst?
AHu: Für die Öffentlichkeitsarbeit muss ich nicht mehr akquirieren. Aber ich biete meine Schreibkurse noch nicht so lange auf eigene Faust an. Deshalb schalte ich Anzeigen, unter anderem in der letzten Ausgabe der “TextArt”. Ich mache ja immer wieder neue Seminare und habe neue Termine; da muss man ja den Leuten auch die Chance geben, davon zu erfahren. Aber ich weiß noch nicht, welche Werbung Sinn macht, wo ich die Leute am besten erreiche, die sich wirklich dafür interessieren.
bv: Sie sagten, Sie machen die Kurse noch nicht lange auf eigene Faust. Wie lief das vorher?
AHu: Ich habe zuerst Inhouse-Schulungen im Auftrag gemacht, zum Beispiel wie man Pressemeldungen schreibt. Dann habe ich in meinem Netzwerk Texttreff Workshops zum kreativen Schreiben gegeben. Dafür habe ich sehr positives Feedback bekommen, und das hat mich bestärkt, auf eigene Faust Schreibkurse zu geben.
bv: Sie werben unter anderem mit Anzeigen für Ihre Kurse. Da die normalerweise nicht gerade billig sind: rentiert sich das?
AHu: Bisher rentiert sich das noch nicht wirklich. Ich bin da noch in der Aufbauphase und stecke noch viel Zeit in die Vorbereitungen, weil mir wichtig ist, dass die Workshops fundiert sind. Aber ich gehe davon aus, dass es sich auf lange Sicht amortisiert. Übrigens habe ich für die „TextArt“ auch einen Artikel für die kommende Ausgabe geschrieben. Da geht es um das Erzähltempo am Beispiel von Dan Brown, der sehr atemlos schreibt, und Stieg Larsson, der sehr geruhsam erzählt hat (der Artikel erscheint März 2014; Anm. d. Red.). Das fand ich sehr schön: journalistisches Schreiben über mein Herzensthema – da schließt sich wieder ein Kreis.
bv: Sie haben drei verschiedene Websites, stehen in den Gelben Seiten und haben jetzt drei Videos auf Youtube veröffentlicht. Was davon bringt Ihnen am meisten?
AHu: Zu den Videos kann ich noch nichts sagen. Ich hatte eins für die Lesungen hochgeladen, hatte aber nicht das Gefühl, dass das viel bringt. Aktuell habe ich eins hochgeladen als Beispiel für die Vorträge, die ich halte. Das Video stammt von einem Treffen der Toastmasters International, dort bin ich Mitglied. Das Video habe ich aber erst vor kurzem hochgeladen. Auf Facebook und Twitter bin ich auch noch nicht so lange.
Manchmal ist es schwierig, die Wege zurückzuverfolgen, wie ich von wem gefunden wurde. Aber meine Kunden finden mich überwiegend über meine Websites. Deshalb ist es wichtig, die immer wieder zu aktualisieren. Und ich bemühe mich jetzt, das auch zu streuen.
Der Nachteil ist das finanzielle Risiko
bv: Sie machen ja sehr unterschiedliche Dinge. Inwiefern ist es da wichtig, für jeden Teil Ihres “Bauchladens” eine eigene Website zu haben, anstatt alles auf einer Website zu bündeln?
AHu: Die Websites sind organisch gewachsen. Die Domain Gesundheitstexte.de habe ich seit dreizehn Jahren. Dann kam die Website zum Buch, als es veröffentlicht wurde. Und dann kam die Website für die Schreibkurse. Ich frage mich allerdings, ob das Sinn macht, und überlege, ob ich die nicht eher wieder auf zwei Websites reduzieren soll. Die ideale Lösung habe ich aber noch nicht gefunden.
bv: Sie bloggen auch seit einiger Zeit.
AHu: Der Blog liegt auf der Schreibtrainerin-Website. An den Artikeln kann man sehen, was mir beim Bücherschreiben wichtig ist. Ich bin sehr strukturiert, und mir ist es sehr wichtig, systematisch da ranzugehen und die Inhalte verständlich aufzubereiten, damit alle folgen können. Beim Schreiben steht für mich nicht die Selbsterfahrung im Vordergrund, sondern die Frage, wie man ein richtig gutes Buch schreibt. Das möchte ich in meinen Seminaren vermitteln.
bv: Könnten Sie sich eigentlich heute noch einmal eine Festanstellung vorstellen?
AHu: (zögert) Nein. Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich tue. Ich bin sehr zufrieden, dass ich selber entscheiden kann, was ich mache. Ich trage natürlich auch das Risiko, aber ich kann mir neue Konzepte ausdenken und Sachen anstoßen, die mir wichtig sind, die ich machen möchte. Das mache ich gerne, das macht mir Spaß. Ich habe eben gezögert, denn wenn ich eine tolle Stelle angeboten bekäme, würde ich vielleicht drüber nachdenken. Aber das, was ich habe, macht mich sehr zufrieden, und das würde ich momentan nicht eintauschen wollen.
bv: Was sind denn Ihrer Erfahrung nach die Nachteile der Freiberuflichkeit?
AHu: Das finanzielle Risiko. Ich hatte auch Phasen, in denen es mir wirtschaftlich nicht gut ging, in denen ich zu kämpfen hatte. Das macht einem natürlich auch Angst. Ansonsten fallen mir keine Nachteile ein. Mir geht’s sehr gut damit, so wie ich arbeite. Aber ohne den Austausch in Netzwerken wäre ich einsam. Diesen Austausch finde ich sehr wichtig und sehr unterstützend.
bv: Ihr Berufsweg ist kein sehr klassischer und gerader, bis heute nicht. Was ist für Sie das Besondere, das Schöne daran?
AHu: Dass man sich selber immer wieder neu definieren kann. Das finde ich wahnsinnig toll, und das inspiriert mich immer wieder neu. Dass ich die Wahl habe. Ich bin immer wieder an Neuem interessiert, und das ist wahrscheinlich auch der Grund,warum ich keine Angst vor was Neuem hatte, sondern immer interessiert rangegangen bin und gedacht hab: Mal gucken, was kommt. Die Schreibkurse sind mit das Wichtigste, was ich in meinem Leben angestoßen habe. Sie geben mir sehr viel Energie und Kraft.
bv: Haben Sie schon eine Vorstellung davon, wie es weitergehen wird?
AHu: Ich habe gerade einen Mannheim-Krimi geschrieben, und bin ganz froh, dass die Testleserinnen mir gutes Feedback gegeben haben. Mein größter Wunsch wäre, dass ich in diese Richtung weitergehen kann: mehr Bücher schreiben, Schreibkurse geben, Vorträge zum Thema halten. Dass das alles ein größerer Teil meines Berufsalltags wird. Die Liebe zu Büchern und zum Bücherschreiben begleitet mich schon ein Leben lang. Dass ich das nun immer mehr beruflich machen kann, ist für mich die größte Freude.
bv: Herzlichen Dank für das Gespräch!
(Zuerst veröffentlicht am 14.01.2014 auf „Schreiben als Beruf“.)